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Stell Dir vor, es ist EXPO und alle gehen
hin!
Wenn die Welt zu weit weg ist, dann warten wir
halt, bis die Welt herkommt.
Dieser Moment ist jetzt da. Aber man hört
es überall: wenn die
EXPO nicht gerade in
Hannover wäre, der nach Volkes Meinung langweiligsten Großstadt
Deutschlands, dann würden viel mehr kommen.
Trotzdem einhellige Meinung in den Schlangen
vor den Pavillons: wenn alle wie vorgesehen kommen würden, dann wäre
es nicht mehr schön. Bei einigen Attraktionen sind nämlich trotz
des angeblich mäßigen Besuchs Wartezeiten von einer halben bis
zu drei Stunden erforderlich. Immerhin verkürzt Australien die Wartezeit
mit einem Film über die Vorbereitungen zu den Olympischen Spielen. Und
in Finnland sorgt ein Clown für Abwechslung.
Die DB ist mit einem riesigen Stand gleich
in der Eingangshalle vertreten. Auf eine schräg unter der Decke
hängende Leinwand wird die bekannte Streckenkarte projiziert. Der Clou
dabei ist jedoch, dass für jeden Zug ein farbiger Punkt eingeblendet
wird, der über die Karte kriecht. Da das Ganze in etwa 100-fachem Zeitraffer
stattfindet (eine Uhr wird rechts eingeblendet) wuselt es in manchen Gegenden
schon gewaltig.
Sonst ist mit Eisenbahn nicht viel los auf
der EXPO. Die ganze Ausstellung steht hauptsächlich unter einem
ökologischen Motto. Fast alle Länder stellen Projekte zur Erhaltung
des Waldes und der Reinhaltung von Luft und Wasser vor. Wenn man das sieht,
könnte man fast meinen, dass wir spätestens in 50 Jahren in einem
paradiesischen Urwald leben. Aber schließlich weiß man ja, dass
das alles nur klitzekleine Vorzeigeprojekte sind und der wirkliche Schutz
der Umwelt im Konsumrausch, dem Kleingeist der Entscheidungsträger und
der allgegenwärtigen Korruption untergeht.
Vor oder in vielen Pavillons tanzen
Volkstanzgruppen. Auch das hat leider einen bitteren Nachgeschmack, weiß
man doch, dass viele Länder die Urbevölkerung unterdrücken
und das ansonsten bei Todesstrafe verbotene Tragen der bunten Trachten nur
erlaubt, ja angeordnet wird, wenn die Touristen kommen.
Interessanterweise ist nirgends auf der Ausstellung
nationaler Kleingeist zu spüren. Selbst Pakistan und Indien sind hier
nur 300 m auseinander. Nur die USA boykottieren die Expo, weil es sie
ärgert, dass Kuba auch da ist.
Überall herrscht eine äußerst
entspannte Atmosphäre. Die Leute sind ausnahmslos sehr freundlich und
keiner latscht mit den Schuhen über den islamischen Gebetsteppich oder
fotografiert die verschleierten arabischen Frauen (es steht aber auch ein
Schild da, dass man die vorher fragen soll).
Die Pavillons sind nicht gerade geografisch
angeordnet. Da ist Portugal direkt neben Litauen, China grenzt an Spanien
und Island ist gleich gegenüber von Kolumbien und Nepal. Dadurch sind
die Kontraste zwischen den Ländern noch auffälliger. Da hat man
noch den Syrischen Bazar vor den Augen und den Geruch der orientalischen
Gewürze in der Nase, geht um eine Ecke und wird von Tiroler Blasmusik
umgepustet.
Die Holländer haben eine mehrgeschossige
Landschaft hingestellt, oben gibts eine Sumpflandschaft mit modernen
Windmühlen, drunter ist ein echter Wald angepflanzt, der Himmel besteht
allerdings aus Leuchtstoffröhren. Trotzdem tut es gut, hier ein paar
Runden zu drehen, die Füße und der rauchende Kopf werden es danken.
Da drunter gibt es Blumen und ganz unten ist eine Dünenlandschaft aufgebaut,
die allerdings das ganze Gebilde tragen muss und deshalb aus Beton ist. Das
ähnelt dann eher einer bizarren Höhlenlandschaft. Na ja, die
Holländer sind immer für ausgefallene Projekte zu haben, erst trotzen
sie dem Meer mit riesigem Aufwand etwas Land ab und dann werden Milliarden
Tulpen drauf gepflanzt...
Die Japaner haben ihren riesigen Pavillon
völlig aus Papier gebaut. Aber schließlich rumpelt es in deren
Heimat ja ständig und da ist es schon besser, wenn die Häuser aus
Papier sind. Das gibt nicht so hässliche Beulen auf dem Kopf...
Der Schweizer Pavillon ist rundherum offen.
Deshalb gibt es auch hier keine Warteschlangen. Allerdings sieht das Ganze
aus wie das Lager eines Sägewerks. Zu sehen ist nichts, nur das Holz
riecht gut. In der Mitte verstecken sich zwei Cafés.
Ebenfalls nichts zu sehen ist im norwegischen
Pavillon. Man betritt hinter einem riesigen Wasserfall, der die Energie des
Landes symbolisieren soll, einen völlig leeren Ruheraum. Lediglich das
Geräusch von einen Hang hinunter kullernden Steinen unterbricht gelegentlich
die Stille. Hier verbringt man eine Viertelstunde zum Entspannen (man darf
auch länger bleiben), dann gibt es im Nebenraum ein kurzes Filmchen,
wo man erfährt, dass Norwegen nicht nur aus Fjorden und Wasserfällen
besteht.
Leider präsentieren sich viele Länder
nur mit mehr oder weniger aufwändigen Filmen. Da ist das, was man
üblicherweise im Fernsehen mitkriegt wesentlich informativer. Aber auch
hier gibt es ein herausragendes Beispiel: im Pavillon von Monaco gibt es
ein echtes 3D-Kino mit Unterwasseraufnahmen. Da stupst einen Flipper schon
mal direkt auf die Nase.
Im Pavillon von Jemen |
Am interessantesten sind sicher die Pavillons,
bei denen die Atmosphäre des jeweiligen Landes möglichst gut und
live rüberkommt. An erster Stelle dürfte da wohl Jemen stehen.
Der große Bazar im Hof wirkt absolut unverfälscht. Man erfährt,
dass die Jemeniter die ersten waren, die schon vor Jahrtausenden sechs- oder
achtstöckige Hochhäuser nur aus Lehm bauten. Allerdings gibts
die nur in der Wüste. In den Küstenregionen, wo es doch gelegentlich
mal regnet, hat man die bizarren Häuser aus gebrannten Lehmziegeln gebaut.
Für Hannover hat man vorsichtshalber die Version mit den Ziegeln
gewählt, der herrliche Pavillon wäre sonst bald zu einem unansehlichen
Haufen geworden...
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben gleich
eine ganze Burg hingestellt. Davor ist ein Beduinenlager, und weil die Amis
nicht gekommen sind, hat man mehr Platz für die Wüste mit den richtig
angepflanzten Palmen. Nicht ganz ins perfekte Bild passen allerdings die
gelben Gondeln der EXPO-Seilbahn, die im 10-Sekunden-Takt direkt über
die Oase schweben. Im Inneren der Burg ist ein Bazar, man kann verschleierten
Frauen beim Handwerk zuschauen und daneben sitzen die Paschas zusammen mit
den Besuchern, trinken Tee und blubbern mit den Wasserpfeifen.
Schließlich sei noch Finnland erwähnt.
Hier wird jeder (!) Besucher mit Handschlag begrüßt. In einem
Hof, den man auf Brücken überquert, ist ein typisch finnischer
Birkenwald angepflanzt, in einer speziellen Breitwandprojektion wird eine
Seenlandschaft im Morgengrauen mit verschiedenen Tieren akustisch und optisch
durchaus eindrucksvoll und zugleich erholsam dargestellt.
Viele Länder haben keine richtigen Pavillons,
sondern Stände in den Messehallen aufgebaut. Manche unterscheiden sich
kaum von einer normalen Touristik-Messe.
Trotzdem gibt es auch hier Highlights.
Erwähnenswert ist der Bazar, den Syrien aufgebaut hat. Am Ukrainischen
Stand sind die winzigen Schnitzereien zu bewundern, die man nur im Mikroskop
betrachten kann. Da haben welche ganze Madonnen in ein Samenkorn von wenigen
Zehntel Millimetern geschnitzt. Sinnigerweise gibt es ausgerechnet in der
Afrika-Halle ein Legoland. Da ist eine ganze Safari aus Lego-Steinen
aufgebaut.
Extra zahlen muss man für die Seilbahn,
die das Gelände in zwei Sektionen überquert und den Aufzug auf
den Hermesturm. Viele Länder haben Imbissstände mit landestypischen
Spezialitäten. Die Häppchen kosten in der Regel 10 Mark, ein
Getränk zwischen 4 und 5 Mark. Allerdings: was man dafür bekommt
ist äußerst unterschiedlich. Am unverschämtesten langen die
Franzosen zu: Für die 10 Mark kriegt man hier ein windiges
Schinken-Käse-Baguette, wie es bei uns überall für 2 Mark
zu haben ist. Besser sind da schon die Spezialitäten aus Norwegen, die
auf der EXPO wahrscheinlich billiger sind als im eigenen Land. Besonders
erwähnenswert sind die Momo aus Nepal, eine Art Maultaschen
auf nepalesisch, freilich viel interessanter gewürzt als die
schwäbischen. Davon bekommt man sieben Stück und das ist als komplette
Mahlzeit durchaus ausreichend.
Abschließend kann man sagen: so friedlich
und ökologisch wie die EXPO sollte die ganze Welt sein. Schade, dass
nicht immer und überall EXPO ist.
Noch ein paar Tipps:
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Unbedingt sich vorher informieren, was man sehen will! Für 15 Mark gibt
es im Buchhandel und in Zeitungsläden den gelben EXPO-Guide, der die
einzelnen Pavillons neutral beschreibt.
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Ein Tag ist zu kurz! Wenn möglich zwei (besser drei) Tage hintereinander
nehmen, dann ist es auch billiger.
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Da man ohnehin nicht alles schafft: erst die Dinge anschauen, wo man nicht
oder nur kurz warten muss.
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Die Länge der Warteschlangen sagt nichts über die Wartezeit aus.
Manchmal gehts richtig schnell. Meistens stehen entlang der Schlange
Schilder (z.B. Ab hier 30 Minuten), an denen man die ungefähre
Wartezeit ablesen kann.
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Die Länge der Warteschlangen sagt auch nichts über die
Attraktivität des Objekts aus (abschreckendes Beispiel: Island).
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Beim Essen die großen Restaurants meiden! Lieber die Häppchen
auf den Ständen nehmen, da gibt es durchaus welche, die als komplette
Mahlzeit taugen.
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Nicht zu knapp zum Zug gehen! Von den Emiraten bis zum Bahnhof kann man auch
bei schnellem Schritt 40 Minuten Wegzeit rechnen.
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