Die Bahnstrecke Bad Endorf – Obing

Die Bahnstrecke zwischen Bad Endorf und Obing wurde gemäß dem Bayerischen Lokalbahngesetz errichtet und im September 1908 als Lokalbahn Endorf – Obing eröffnet. Sie stellte für Personen und Güter den Anschluss an die bestehende Bahnstrecke München – Rosenheim – Salzburg her.

Die Verkehrsbedienung

Sechzig Jahre später, am 26. Mai 1968, wurde der Personenverkehr durch den Bus ersetzt, der Güterverkehr blieb bestehen. Der Bus zwischen Obing und Endorf wurde in den Folgejahren eingestellt, anders als bei der Schienenverbindung hatten beim Bus die Kommunen kein Mitspracherecht. Seit den frühen 70er-Jahren ist die Kreisgrenze auch eine Grenze im Verkehr, deren Überwindung der Bevölkerung nur mit dem PKW möglich ist.
     Mehr als zwei Jahrzehnte lang wurden weiter Güter zwischen Endorf und Obing auf der Schiene befördert, noch im Jahre 1989 galt die finanzielle Lage der Strecke als zufriedenstellend. Drei Jahre später verursachte der Güterverkehr plötzlich jährlich rechnerische Verluste von etwa einer halben Million Mark. Die Deutsche Bundesbahn wollte die Strecke stilllegen. Die Landkreise Rosenheim und Traunstein, die IHK München und die Regierung von Oberbayern widersprachen, die Güterbedienung wurde mit dem Angebot von drei Zügen pro Woche beibehalten.
     Am 1. Januar 1994 änderten sich mit der Bahnreform die Rechtsgrundlagen, die Deutsche Bahn AG hatte im Güterverkehr keine Bedienungspflicht mehr. Die planmäßige Bedienung mit Güterzügen wurde zum 1. Januar 1996 eingestellt, die Einstellung der Strecke nach Ablauf eines bedienungslosen Jahres ins Auge gefasst.
     Im Sommer 1996 kamen als Sonderverkehr wieder Güterzüge auf die Strecke. Für den Bau der Pipeline zum Erdgasspeicher bei Eggstätt wurden Ganzzüge mit Stahlrohren aus dem Ruhrgebiet nach Obing gefahren. Damit wurde sogar das angesammelte rechnerische Defizit der Strecke ausgeglichen.
     Die landschaftlich reizvolle Schienenstrecke wurde aus verschiedenen Anlässen von Reisegruppen befahren, ab etwa 1990 nur noch bis Amerang, so beispielsweise zur Übergabe eines Exponats an das dortige Museum.

Kampf um die Strecke

Die Bevölkerung, insbesondere auch die Gemeinde Obing, forderte den Erhalt und die verstärkte Nutzung der Strecke. Der Fahrgastverband PRO BAHN unterstützte dieses Engagement und führte 1994 für Lokalpolitiker und Öffentlichkeit eine verkehrspolitische Bereisung durch. Erstmals seit langer Zeit erreichte wieder ein Personenzug den Bahnhof Obing.
     In Obing fand ein runder Tisch statt, bei dem gemeinsam mit Politik, der Deutschen Bahn AG und einigen möglichen Verladern über die Zukunft der Strecke gesprochen wurde. Ein zweiter runder Tisch fand im Dezember 1995 statt, kurz vor Einstellung der fahrplanmäßigen Bedienung im Güterverkehr.
     Die verkehrspolitische Bereisung war auch eine touristische Attraktion, die lebhaften Widerhall fand. Davon ermutigt veranstaltete die Gemeinde Obing im Jahr 1995 an einem Wochenende und im Jahr 1996 an vier Sonntagen in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Eisenbahnmuseum Sonderfahrten, die zu richtigen Volksfesten wurden.
     Das Bayerische Eisenbahnmuseum bekundete nach den erfolgreichen Fahrten lebhaftes Interesse, auf der Bahnlinie Bad Endorf – Obing regelmäßigen Museumsbetrieb durchzuführen.
     Dessen ungeachtet betrieb die DB AG das Einstellungsverfahren weiter, die Strecke wurde lediglich den beiden Landkreisen, aber keinem einzigen möglichen Betreiber, insbesondere nicht dem Veranstalter der Dampffahrten angeboten. So fand sich auf das Angebot der DB hin kein Betreiber, die Strecke wurde am 2. September 1996, knapp vor ihrem 88. Geburtstag, eingestellt.

Einstellung: für wie lange?

Ob das Einstellungsverfahren korrekt abgewickelt wurde, ob es zutreffend ist, dass kein interessierter Betreiber gefunden werden konnte, sei dahingestellt. Einige Besonderheiten der derzeitigen Situation sind sicher erwähnenswert:

  • Die Strecke ist nicht entwidmet, somit de jure eine Eisenbahnstrecke.
  • Im Kursbuch 1998 ist die Strecke als KBS 12954 aufgeführt, in der Fahrplanvorschau war sogar ein Fahrplan für die Museumszüge abgedruckt.
  • Abweichend vom üblichen Verfahren ist die Strecke noch im Besitz des Bereiches Netz und nicht dem Bereich DB Imm übertragen.
  • Die Gemeinden Obing, Pittenhart und Amerang haben 1902 den Landkauf für die Trasse finanziert, sie verlangen die Rückübertragung im Falle der Verwertung.

Die Verhandlungen zwischen dem Bayerischen Eisenbahnmuseum und der DB AG sind noch nicht abgeschlossen, die politische Unterstützung für den Erhalt der Strecke wächst weiter. Mit dem geplanten Museumsbetrieb kann die Strecke als Option für die Zukunft betriebsfähig erhalten werden, ohne dass die öffentliche Hand allzutief in die leeren Taschen greifen müsste.

Die Zukunft gestalten

Ein Museumsbetrieb würde der Region touristisch Aufwind geben und könnte solche Gäste ansprechen, die Erholung in einer vielfältigen Landschaft suchen. Wenn die Fahrten von Obing über Bad Endorf hinaus bis Prien verlängert werden - darüber wird nachgedacht - entstünde unter Einbeziehung von Chiemseebahn und Chiemgaubahn im westlichen Chiemgau eine zusammenhängende Infrastruktur für touristischen und öffentlichen Verkehr.
     So problematisch sich manche Folgen der Bahnreform für den öffentlichen Verkehr darstellen mögen, die Bahnreform bietet auch Chancen. An der Strecke Bad Endorf – Obing wollen starke Kräfte mit einem Gesamtkonzept diese Chancen nutzen. Der Fahrgastverband PRO BAHN beteiligt sich im Interesse der Fahrgäste an dem Versuch, auf alten Schienen neue Wege einzuschlagen. Außerdem wird eine Wanderausstellung zur Geschichte der Bahnlinie vorbereitet, sie soll anlässlich des 90. Geburtstags der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
     Derzeit ist nicht absehbar, ob dann schon wieder Züge fahren können, aber ob rechtzeitig zum Geburtstag oder später: Ziel bleibt es, die Schienen nach Obing noch in diesem Jahr zu befahren. Nicht als Symbol, sondern als Demonstrationsfahrt für den regelmäßigen Museumsbetrieb im nächsten Jahr. Die Werbung und das touristische Angebot werden im Spätjahr geplant, eine tatsächliche Fahrt, „etwas zum Anlangen“, ist die beste handfeste Basis für diese Planung.

RuBa