Fun-Wochenende in Köln

Wie wir das im August letzten Jahres bei unserer „Klausurtagung“ im Waldschlösschen beschlossen hatten, lud der Kölner Flügelrad e.V. zum „Ersten bundesweiten Fun-Treffen“ für schwule und lesbische Bahnfreunde vom 27.April bis 1.Mai 2001 nach Köln ein.

     Von München reisten wir nur zu zweit an. Da wir die Rheinstrecke im Schweizer Aussichtswagen befahren wollten, leisteten wir uns eine Fahrt in der 1. Klasse.

     Der erste Programmpunkt am Freitagabend war ein zwangloses Beisammensein in „Peters Brauhaus“. Bei Rheinischem Sauerbraten und etlichen klitzekleinen Kölsch konnte man die Leute aus den anderen Ecken der Republik kennen lernen. Für die Rheinländer war es ein „Heimspiel", die waren logischerweise am zahlreichsten vertreten.

     Da etliche Leute erst am Samstag anreisen konnten, begann des Programm erst am Nachmittag. Ein Stadtführer des „Centrum für Schwule Geschichte e.V.“ führte uns mehr als zwei Stunden über die „warmen Meilen in Köln“. Der heftige Regen mit den eisigen Sturm-Böen ließ glücklicherweise bald nach. Denn wer meinte, das wäre ohnehin nur eine Kneipen-Tour, lag völlig falsch. Beginnend am Rosa-Winkel-Gedenkstein unmittelbar an der Hohenzollernbrücke wurden an mehr oder weniger historischen Plätzen schwule Episoden vom Mittelalter über die Nazi-Zeit bis zur Gegenwart erzählt, vieles machte nachdenklich, vieles war lustig.
     Nicht ganz zufällig endete die Exkursion vor dem „Regenbogencafé“. Man hatte gleich die ganzen Räumlichkeiten für die Eisenbahnfreunde gechartert. Erfahrenes Gaststättenpersonal hatten wir ja selbst dabei. Bei Kaffee oder Bier und Kuchen oder Imbiss kam gute Stimmung auf und die Zeit verging wie im Fluge. Lediglich in den Raum mit der Ahnengalerie wollte sich keiner setzen, obwohl (zumindest zu Beginn) nicht alle die Gemeinsamkeit der vielen mehr oder weniger netten Männer auf den Bildern kannten: nämlich dass alle bereits in die Ewigen Cruisinggründe eingegangen sind...
     Plötzlich war es 22 Uhr und man besann sich, noch wo anders hinzugehen. Dier meisten wollten in die „Brennerei Weiß“, dem Stammlokal des „Flügelrad“, gehen. Allerdings kam dort nur noch ein kleiner Teil der Gruppe an.

     Am Sonntag ging es dann endlich auf die Strecke. Mit der Stadtbahnlinie 18 ging es über die sog. „Vorgebirgsbahn“ nach Bonn Hbf, von dort mit der Bonner Stadtbahn weiter nach Königswinter. Wieder mal konnten wir uns über den in Beton gegossenen Auto-Wahn nur wundern. Die Talstation der idyllischen Drachenfelsbahn liegt genau unter einer gigantischen Autobahnbrücke, die den ganzen Ort mit seinen malerischen Fachwerkhäusern überspannt.


Die sehr geschützt liegende Talstation der Drachenfelsbahn
  
     Obwohl diesmal keine GOC-Leute dabei waren, ließen es sich manche nicht nehmen, die 220 Höhenmeter, die die Bahn in acht Minuten zurücklegt, zu Fuß hochzusteigen.
     Kaum waren wir oben begann es zu regnen. Die Aussicht war bei dem Wetter auch nicht so toll, also ging es gleich rein ins Wirtshaus. Eine knappe Stunde später fanden wir uns schon wieder zur Talfahrt ein. Angesichts der großen Männerhorde nahmen viele Mütter besorgt ihre Töchter zur Hand, dabei hätten die doch vor uns am wenigsten Angst haben müssen. Aber irgendwie waren wir halt doch anders – und somit wohl beunruhigender – als die grölenden Eishockey-Fans, die schon seit etlichen Tagen die ganze Stadt belagerten.
     Auf der kurzen Bahnfahrt nach Linz am Rhein kam ein ganz junger Schaffner, der offensichtlich gerade sein Coming Out hinter sich hatte und den jetzt wohl das „Rushing Out“ gepackt hatte...
     Mit etwas Verspätung kamen wir in Linz an, also schnell rüber in den Schienenbus der RSE (Rhein-Sieg-Eisenbahn), der sogleich losfuhr. Auf der 9 km langen Strecke nach Kalenborn sind fast 300 Höhenmeter zu überwinden. Irgendwie hatte der Motor Probleme, der Zug blieb mehrmals stehen. Mit reichlich Verspätung erreichten wir schließlich Kalenborn. Die vorgesehene Einkehr musste erst mal ausfallen. Glücklicherweise funktionierten die Bremsen besser als der Motor, so dass wir unten alle wieder heil ankamen.
     Nach einen kurzen Spaziergang in die überraschend nette Altstadt von Linz verteilten wir uns auf mehrere Cafés. Mit der großen Gruppe in ein Lokal zu gehen, wäre sowieso unmöglich gewesen.

Der Rest der berühmten „Brücke von Remagen“
  
     Inzwischen war das Wetter deutlich besser geworden, so dass wir auf der anschließenden Schifffahrt zurück nach Königswinter auf dem Sonnendeck sitzen konnten.
     Über die rechtsrheinische Bahnstrecke fuhren wir zurück nach Köln.

     Für den Montag war ursprünglich eine Schienenbus-Sonderfahrt über das Netz der HGK und der Rheinbraun vorgesehen. Als bekannt wurde, dass die Köln-Bonner-Eisenbahnfreunde kein Zugpersonal zur Verfügung stellen konnten, somit die Sonderfahrt ausfällt, gab es reichlich lange Gesichter. Als Alternative war die Brohltalbahn angekündigt. „Nicht schon wieder Brohltalbahn!“ mag sich der eine oder andere zunächst gedacht haben.
     Mit einem eigens gecharterten Linienbus (einen Fahrer hatten wir selbst), ging es bis Brohl. Irgendwie ist es ja schon lustig, mit einem normalen Stadtlinienbus über die Autobahn zu brettern. Wir meinten schon, dass bald die Kolben aus dem Motor fliegen, aber wahrscheinlich tat es dem Fahrzeug ganz gut, dass der Motor mal richtig durchgeputzt wurde.
     Montags ist normalerweise auf der Brohltalbahn kein Personenverkehr. Für uns hatte man eine Ausnahme gemacht und zwei Personenwagen an den planmäßigen Güterzug gehängt. Das war also „unser“ Zug und um das deutlich zu machen, wurde eine große Regenbogenfahne aufgehängt.
     Zunächst ging die Fahrt runter zum Hafen der Brohltalbahn. Leider hat man das Hafengelände verscherbelt und der neue Besitzer hat sogleich alle Gleise und den Kran entfernt.
     Nun ging es richtig auf Strecke. Die ersten 12 km bis Oberzissen windet sich die meterspurige Schmalspurbahn entlang eines Tals durch den Wald und überwindet dabei 160 Höhenmeter. Dann beginnt die sog. „Steilstrecke“ (240 m auf 5,5 km Strecke), für die Loks und Wagenmaterial eine besondere Zulassung brauchen.
     Unterwegs hielt der Zug an einer Anlage, an der Phonolith-Gesteinsmehl in den mitgeführten speziellen Staubgut-Container abgefüllt wurde. Das Material kommt hier in einer besonderen Reinheit vor und wird zur Herstellung von teuren Spezial-Gläsern verwendet. Immerhin liegt der Steinbruch in einem Naturschutzgebiet und weil keine Straße hingebaut werden kann, sichert das der Bahn das Überleben.
     Nachdem es keinen Sinn machte, den schweren Container bis nach Engeln hochzuschleppen, wurde er bis zur Rückfahrt kurzerhand abgehängt. Oben angekommen gab es 20 Minuten Pause, genug um den Steingarten anzuschauen. Mehr gibt es hier oben nicht.


Rangiermanöver auf der Brohltalbahn in Oberzissen
  
     Die Rückfahrt verlief zunächst wenig aufregend. Unterwegs wurde der Phonolith-Wagen wieder angehängt, dann ging es weiter nach Oberzissen. Da war dann die Überraschung perfekt. Eine sorgfältig herausgeputzte Dampflok stand bereit unseren Zug zu übernehmen. Das gab glänzende Augen und die ausgefallene Schienenbus-Fahrt war schnell vergessen.
     Um eine stimmungsgerechte Wagenfolge zu erreichen, musste erst mal der ganze Zug umsortiert werden, was auf dem kleinen Bahnhof eine Reihe von Rangierbewegungen erforderte. Also: Phonolith hinter, Diesellok ganz hinter und Dampflok unmittelbar vor die Personenwagen. Am „Sprudel-Bahnhof“ Bad Tönisstein gab es noch einen Fotohalt kurz vor dem Ende der Fahrt (siehe Titelbild). Mit einer Führung durch das Bahnbetriebswerk endete diese Veranstaltung.
     Unser Spezial-Bus brachte uns direkt zur Blockhütte auf dem Gelände des KVB-Betriebshofes Merheim. Der Grill war bereits angeheizt, das Fass wurde angezapft, und die Stimmung am Froschteich neben der großen Trambahn-Abstellanlage war hervorragend.

     Das ganze Fun-Wochenende, das die Kölner Freunde vom „Flügelrad e.V.“ auf die Beine stellten, war eine rundum gelungene Veranstaltung, die nur ein Frage aufwarf: Wer macht‘s das nächste Mal? Hier wurden Maßstäbe gesetzt. Mal schauen, wer sich 2002 traut, diese zu erfüllen...