Goldene Stadt und Elb-Florenz

Es dämmert gerade, als InterRegio 2063 am 2. Oktober um 6.49 Uhr aus dem Münchner Hauptbahnhof rollt. Rosarote Wölkchen begleiten uns bis hinter Freising. In Schwandorf wird der Zug geteilt: die „Taiga-Trommel“, die uns seit Regensburg „auf den Osten“ eingestimmt hat, entschwindet mit den meisten Wagen weiter nach Dresden – wir haben uns für den Umweg über Prag entschieden.
     Wir fahren am Zaun von Wackersdorf entlang und denken an den Schienenbus, der damals bei den Demos mit einem Demonstranten scheuchenden, tief fliegenden Hubschrauber zusammengestoßen ist. Auch jetzt noch – 10 Jahre später – wundern wir uns über das plötzliche Ende der WAA: eine Woche nach dem Tod von Franz-Josef Strauß war die heftig umkämpfte Anlage plötzlich völlig überflüssig. Wahrscheinlich war das mit der atomaren Wiederaufbereitung nur ein Ablenkungsmanöver, in Wirklichkeit hätten in dieser Fabrik lauter neue Sträuße geklont werden sollen...
     So ein Grenzübertritt über den ehemaligen „Eisernen Vorhang“ ist heute nicht mehr so spannend. Als die Drehgestelle unseres weiß-blauen InterRegio-Wagens plötzlich „Kalapp-kalapp“ sagen, wissen wir, dass wir „drin“ sind.
     Die Strecke zwischen Pilsen und Prag ist landschaftlich recht interessant. Meist geht es am Fluss Beraun entlang durch Schluchten und karstiges Gebirge, einmal sieht man sogar die Burg Karlstein.
     Man sieht dem Hauptbahnhof von Prag (Praha hlavni nadrazi) an, dass er schon mal bessere Zeiten gesehen hat.


Original-Tatra-Straßenbahnzug auf der Moldaubrücke
  
     Mit U-Bahn und Straßenbahn fahren wir ins Hotel. Die schweren russischen U-Bahn-Züge erwecken den Eindruck, dass sie sich notfalls auch ohne Tunnel den Weg durch den Untergrund bahnen könnten. Die Tatra-Straßenbahnzüge sind noch original: mit Plastik-Schalensitzen und Schiebefenstern. Auch die fahren recht flott über die holprigen Gleise und machen garantiert aus jedem Hindernis Total-Schrott, ohne selbst auch nur einen Kratzer abzubekommen.
     Nachdem alle ihre Zimmer bezogen haben, was nicht ganz problemlos abläuft, fahren wir zum Wenzelsplatz mit dem Nationalmuseum. Vorbei am schwarzen Pulverturm gehen wir auf den Altstätter Rathausplatz mit dem monumentalen und ebenfalls schwarzen Hus-Denkmal.

Auf der Karlsbrücke
  
     Bald stehen wir auf der bekanntesten Sehenswürdigkeit, der Karlsbrücke. Auf beiden Seiten der langen Brücke ist jeweils ein Turm der ehemaligen Stadtbefestigung. Im Mittelalter waren die Straßen nicht so breit, aus der ehemals wichtigsten Verkehrsachse der ganzen Gegend ist heutzutage eine reine Fußgängerbrücke geworden. Die wird allerdings noch enger durch die vielen fliegenden Händler, die hier Zigaretten, Lederjacken, Spielzeug, Bilder und allen möglichen Krempel verkaufen. Manche stehen auch einfach nur da und machen Musik. Und drunter rauscht die Moldau...
     Wir entdecken den Fahrplan für eine Rundfahrt mit einer historischen Straßenbahn. Nachdem sie gleich kommen soll, lassen wir uns das nicht entgehen.

Historische Straßenbahn am Malosbranké Nam.
  
     Eine knappe Stunde dauert die Rundfahrt, inklusive eines längeren Aufenthalts beim Messegelände. Dort macht der Fahrer Pause, da das in den engen Altstadt-Straßen sonst nirgends möglich ist.
     Die Suche nach einem geeigneten Lokal für das Abendessen wird nicht ganz einfach. Die erstbesten Touristenfallen meiden wir bewusst, so landen wir in irgendeiner Eck-Wirtschaft. Wie wir um den großen Tisch herumsitzen ist es zwar ganz gemütlich, einige befriedigt aber die Qualität des Essens und des Bieres nicht gerade.
     Mit einem nächtlichen Spaziergang über eine Moldaubrücke und durch die Großstadtstraßen beschließen wir den Abend. Dabei fallen uns gelegentlich schwarze Figuren mit riesigen Penissen in den Schaufenstern auf. Bei uns würden da einige Zeter und Mordio schreien bis die Dinger weg sind, aber wir sind ja auch näher an Amerika...

Am Sonntag fahren wir erst mal wieder zur Karlsbrücke. Trotz einsetzendem Nieselregen sind die Händler wieder alle da. Alles ist in Plastikfolie eingewickelt, so leicht lässt man sich hier das Geschäft nicht vermiesen.
     Eine steile Straße führt hinauf zum Hradcany, der Burg. Da der Regen ziemlich durchdringend wird, flüchten wir in diverse Innenräume. Am eindrucksvollsten ist dabei der Veitsdom. Die Erbauer hatten den Ehrgeiz, die größte Kirche nach dem Petersdom zu errichten. Ein Blick auf das geschichtsträchtige Fenster, aus dem der „Prager Fenstersturz“ stattgefunden hatte, gelingt uns auch noch. Und als es gerade mal weniger stark regnet, quetschen wir uns mit den ganzen anderen Touristen durch das Goldene Gässchen.
     Wieder wollen wir die Touristen-Fallen zum Mittagessen meiden, so laufen wir auf dem Burgberg weiter hinter. Erst kurz vor dem Kloster Strahov werden wir fündig. Das vorzügliche und dennoch halbwegs preiswerte Essen entschädigt uns für den vorherigen Abend.


Klosterbibliothek Strahov
  
     Gut gestärkt besuchen wir noch die äußerst eindrucksvolle Bibliothek des Klosters.
 
Standseilbahn (Lanovka-Funicular)
  
     Da wir noch unsere Sachen aus dem Hotel holen müssen, wird es allmählich Zeit aufzubrechen. Entlang einer mittelalterlichen Wallanlage laufen wir zur Bergstation einer Standseilbahn, die uns wieder in die Stadt hinunter bringt.
     Unser EuroCity nach Dresden fährt um 18.22 Uhr ab dem Vorortbahnhof Praha-Holesovice. Leider wird es schon dunkel, so bekommen wir von der schönen Fahrt entlang der Moldau und der Elbe kaum was mit. Einige verscherbeln ihre letzten Kronen im – selbst für unsere Verhältnisse – sehr teueren Speisewagen, einige schlafen und der Rest macht Gaudi.

Um kurz nach 21 Uhr treffen wir in unserem Hotel in Dresden ein. Aus Dortmund stoßen jetzt noch zwei dazu, damit sind wir jetzt mit 17 Teilnehmern komplett.
     Freilich lassen wir uns trotz der vorgerückten Stunde nicht davon abhalten, nochmal auszurücken. Mit der ganzen Mannschaft fallen wir in einem Brauhaus, das als Schiff hergerichtet ist, ein und kriegen nach kurzer Zeit sogar einen Platz an einem riesigen Tisch. So können wir den Abend noch gemütlich ausklingen lassen.

Am Montag erwartet uns statt des angekündigten Dauerregens strahlend blauer Himmel. Nachdem wir das vorgesehene Programm ohnehin wegen diverser Streckensperrungen umwerfen müssen, krempeln wir gleich alles um. Da wir nicht wissen, wie lange das schöne Wetter nach anhält fahren wir schnurstracks mit der S-Bahn nach Kurort Rathen. Schon vom Zug aus können wir unser Ziel, die Bastei erkennen.
     Das Fährschiff, mit dem wir über die Elbe setzen, hat keinen Motor, sondern ist mit einem langen Seil am Ufer befestigt. Je nachdem, wie es der Fährmann in die Strömung stellt, wird es nach links oder rechts gedrückt. Solange die Fähre auf der Bahnhofsseite liegt, verläuft das Seil quer über den ganzen Fluss, so dass inzwischen kein anderes Schiff die Stelle passieren kann. Vorsichtshalber ist das Seil mit großen weißen Kugeln versehen.
     Kaum haben wir dieses interessante Verkehrsmittel verlassen, geht es schon steil hinauf.
     Das Elbsandsteingebirge entstand vor etwa 100 Millionen Jahren, als das Kreidemeer weite Teile Mitteleuropas bedeckte. Die abgesetzten Sandmassen erlangten eine Mächtigkeit von 600 m. Durch Hebungen entstanden Risse und Klüfte, die der Erosion den Weg öffneten. Wasser und Wind modellierten so über Jahrmillionen Tafelberge, freistehende Türme und enge Schluchten heraus. In den schattigen Tälern überwiegt ein Fichtenwald mit arktisch-alpinen Pflanzen, wogegen es auf den flachen trockenen Felspartien einen reich mit Heidekraut durchsetzten Kiefern-Birken-Wald gibt, wie er eigentlich für Tieflandstandorte typisch ist.
     Schräge Berghänge, wie wir sie von unseren Alpen kennen, gibt es hier kaum, die ganze Gegend besteht aus waagrechten und senkrechten Kanten. Die Höhenunterschiede zwischen den verschiedenen Ebenen werden mittels sehr steilen Wegen, Treppen oder gar Leitern in äußerst engen Felsklüften überwunden.


Blick vom Bastei-Felsen auf die Elbe
  
     Schließlich erreichen wir den Bastei-Felsen mit 305 m Höhe. Diese Zahl wirkt angesichts der von den Alpen gewohnten Höhenangaben recht mickrig, immerhin würde selbst die Münchner U-Bahn noch mehr als 150 m über unseren Köpfen dahinrasen, aber wir stehen 200 m über der Elbe und vor uns geht es absolut senkrecht runter.
     In dem breiten Flusstal gibt es neben der Elbe nur einen breiten Wiesenstreifen und die Bahn. Kein nicht enden wollender Straßenlärm stört die Ruhe. Im Dunst ist die Festung Königstein zu erkennen.
     Nachdem wir noch in der Felsenburg Neurathen herumgeklettert sind und die berühmte Basteibrücke überquert haben, kehren wir in einem abgelegenen Gasthaus ein.
Ziemlich eben geht es ein längeres Stück durch den Wald. Völlig unerwartet taucht links eine Treppe auf, die hinab in einen schmalen Felsspalt führt. Der Wegweiser „Rathen über Schwedenlöcher“ sagt uns: „Hier runter!“

In den Schwedenlöchern
  
     Die Treppe wird immer schmäler, die Felswände rücken bedrohlich nahe. Es wird deutlich kälter, der Weg wird rutschig, das Moos auf den dunklen Steinen immer dicker. Die Treppe nimmt kein Ende, das winzige Stückchen Himmel, das noch zu sehen ist und die spannende Landschaft mit den riesigen Farnen erinnern an absurde Träume.
     Unwillkürlich erwarten wir jetzt eine tosende Klamm – so kennen wir das –, aber als wir schließlich die unterste Ebene erreichen, kommen wir in ein sonnendurchflutetes Tal mit einem träge dahinfließenden Bach.
     Hektik entsteht: wenn wir uns jetzt beeilen, dann können wir in Pillnitz noch einen Raddampfer kriegen. Immer schneller hetzen wir durch das Tal, ohne nennenswertes Gefälle kommen wir an die Elbe und das große Schiff wartet noch auf uns.
     Einer ist in den Schwedenlöchern verloren gegangen. Als er wieder die Zivilisation erreicht, sind wir längst mitten auf der Elbe. Per Händi wird er zur Fähre und zur S-Bahn gelotst, so dass er in Pirna wieder zu uns stoßen kann.
     Beim Schloss Pillnitz verlassen wir das moderne Schiff. Nach einer halben Stunde Aufenthalt, die gerade reicht, schnell mal das Schloss von außen zu betrachten, kommt der ersehnte Raddampfer.

Dampfmaschine eines Raddampfers
  
     In Dresden gibt es die größte Raddampferflotte Europas. Es handelt sich dabei um wirklich dampf-betriebene Schiffe, die allerdings inzwischen meist ölgefeuert sind. Die schwitzenden halbnackten Burschen, die unermüdlich zwischen den Pleuelstangen Kohlen schaufeln, sind nur noch selten zu sehen.
     Unser Schiff ist fast hundert Jahre alt. Obwohl hier keiner Kohlen schaufelt, kann man stundenlang in den Schacht mit den Kurbelwellen starren, während draußen die Hügellandschaft mit diversen Schlössern und den Nobelvillen früherer und heutiger Dresdener Bonzen vorbeiziehen.

Blick vom Radkasten des Dampfers auf das „Blaue Wunder“
  
     Als es unter dem „Blauen Wunder“ hindurch geht, kommen aber doch alle wieder raus. Im Licht der letzten Sonnenstrahlen erreichen wir die Dresdner Altstadt. Gleich neben der Semperoper legt das Schiff an.
     Den Abend verbringen wir in einem halbschwulen Restaurant in der Neustadt. Da ist ohnehin mehr los als in der Altstadt, die zunehmend zu einem gigantischen Museum wird.

Am Dienstag nehmen wir die Stadt unter die Lupe. Es taucht der Wunsch nach einer offiziellen Stadtrundfahrt auf. Aber mit welchem der zahlreichen Anbieter wollen wir das nicht ganz billige Vergnügen wagen? Weil uns einige Rundfahrt-Veranstalter auf der Straße anquatschen und nur das Schlechteste über die jeweilige Konkurrenz zu berichten wissen, entscheiden wir uns für die Rundfahrt der Städtischen Verkehrsbetriebe. Die ist zwar relativ teuer, erscheint uns aber am seriösesten. Nachdem der Fremdenführer uns auch noch verspricht, dass die Ansagen nicht vom Tonband kommen und wir für die nachmittägliche Führung durch die Semperoper einen besseren Platz als bei den anderen kriegen würden, willigen wir schließlich ein.
     Während der zweistündigen Fahrt erfahren wir etliches über die Stadtgeschichte, die Stadtentwicklung und diverse mehr oder weniger auffällige architektonische Glanzstücke. Wir kurven um den Hauptbahnhof, die historische Altstadt, die aufstrebende Neustadt und ins Villenviertel Blasewitz. Endlich erfahren wir auch, wie das Blaue Wunder – die 1891 erbaute eiserne Hängebrücke – zu ihrem Namen kam: Der ursprünglich grüne Anstrich bleichte damals derart schnell aus, dass die Dresdner innerhalb weniger Tage ihr „blaues Wunder“ erlebten.

Strecke ...
  
... und Fahrzeug der Schwebebahn
     Zu einer Fahrt mit der Schwebebahn verlassen wir den Bus. Die Konstruktion erinnert stark an die Wuppertaler Schwebebahn, führt jedoch steil den Berg hoch (85 m Höhenunterschied) und die beiden Wagen werden an Seilen gezogen.
     Schließlich geht es wieder zurück zum Zwinger.
     Am Nachmittag besuchen wir einen Vortrag über den Wiederaufbau der Frauenkirche in deren Katakomben. Eine Baustellenführung durch das monumentale Gebäude ist leider nicht möglich.


Frauenkirchen-Fragmente in den Regalen
  
     Beim Wiederaufbau sollen möglichst alle Steine wiederverwendet und an ihren originalen Platz eingefügt werden. Dazu wurde der Schutthaufen millimetergenau vermessen, jedes noch brauchbar aussehende Teilchen registriert und mittels komplizierter Computersimulation sein Platz bestimmt. Diese Steine lagern nun in riesigen Regalen, die auf dem Platz vor der Kirche aufgebaut wurden.
     Die angekündigte Führung durch die Semperoper lassen wir uns auch nicht entgehen. Auch hier bleibt uns ein Blick hinter die Kulissen, z.B. die aufwendige Bühnentechnik, verwehrt; es gibt nur die dem normalen Publikum zugänglichen, aber durchaus recht prunkvollen Räume zu sehen. Bei den Massen, die hier durchgeschleust werden, ist das allerdings auch kein Wunder.
     Auf eigene Faust fahren wir nochmal per Straßenbahn und Bus hinaus zum Schloss Pillnitz. Die in ostasiatischen Stilformen gehaltene, umfangreiche Schlossanlage entstand in mehreren Etappen zwischen 1720 und 1826. Bemerkenswert ist der Schlosspark.
     Hier entdecken wir auch das bestimmt kurioseste Schienenfahrzeug. Zwischen zwei flachen Schienen mit etwa 8 m Spurbreite wächst ein – zumindest um diese Jahreszeit – unscheinbarer Busch. Es handelt sich dabei um eine kostbare Kamelie von 1770. Um die äußerst frostempfindliche Pflanze zu schützen, wird im Winter das „Fahrzeug“, ein kugelförmiges Glashaus mit ca. 12 m Durchmesser, über die Pflanze gefahren und geschlossen.
     In der Nähe des Schlosses gibt es zu vernünftigen Preisen ein sehr gutes Abendessen. Spät abends fahren wir mit der Autofähre über die Elbe und per Straßenbahn-Ersatzverkehr wieder in die Stadt.

Am Mittwoch wagen wir trotz anfänglich zweifelhaftem Wetter den Ausflug in die Sächsische Schweiz. Mit der S-Bahn geht es nach Bad Schandau. Der Bahnhof ist weit von der kleinen Stadt entfernt und auf der anderen Seite der Elbe. Doch das kleine Fährschiff bringt uns hin. Um einige Ecken gelangen wir zum Stadtpark. Hier beginnt die Kirnitzschtalbahn, eine eingleisige Straßenbahn, die durch ein immer enger werdendes Tal zum Lichtenhainer Wasserfall fährt. Die historischen Fahrzeuge aus den 20er-Jahren verkehren nur am Wochenende, so fahren wir mit den „normalen“ Triebwagen, die aber inzwischen auch schon als historisch gelten (siehe Titelbild).
     Der Wasserfall rauscht tatsächlich ganz nett und die Blumenkästen mit den Geranien geben dem Ganzen ein kitschiges Ambiente. Urplötzlich versiegt der Wasserfall, übrig bleibt ein ziemlich mickriges Rinnsal. Oben zwischen den Felsen hat sich ein Wehr geschlossen, damit für die nächste Vorführung wieder genug Wasser da ist. Immerhin erfahren wir, dass der Wasserfall ähnlich einer Klospülung funktioniert und die Anlage schon 1852 angelegt wurde.
     Eine Haltestelle laufen wir zurück, dann folgen wir einem Seitental ohne bedeutende Steigung in Richtung Schrammsteine. Eine Treppe bringt uns schließlich in die nächsthöhere Ebene. Ein schmaler Pfad windet sich am unteren Ende einer Felswand entlang, dann kommen wir in ein Gelände, wo Felsbrocken, die in der Größe zwischen Fußbällen und Mehrfamilienhäusern variieren, kreuz und quer wild herumliegen. Hier sieht es aus, als ob sich der Liebe Gott so über die Sachsen geärgert hat, dass er kurzerhand die ganze Gegend zertrümmert hat.


Gruppe am „Kuhstall“
  
     Von Süden her nähern wir uns dem Kuhstall, einem imposanten Felsentor von 11 m Höhe und 17 m Breite. Der Name stammt aus dem 30jährigen Krieg, als die verfolgten Bauern hier ihr Vieh unterstellten.
     Über einen Durchschlupf gelangen wir zur Himmelsleiter. In einer Felsspalte führt eine aus Eisenblechen gebogene schmale Treppe steil nach oben. An manchen Stellen ist die Spalte so eng, dass dicke Leute steckenbleiben, manchmal tun sich neben den immer gleich breiten Eisenblechen dunkle Abgründe auf, in die man lieber nicht fallen möchte. Überhaupt ist es in der Spalte ziemlich finster, der Himmel lässt sich nur als dünner kerzengerader Strich ausmachen. Oben angekommen werden wir mit einer Aussicht belohnt, die bei besserem Wetter durchaus eindrucksvoll sein könnte.
     Weil das Erforschen der bizarren Landschaft richtig Spaß macht, machen einige vom Wirtshaus neben dem Kuhstall aus noch einige kleine Abstecher. Wir kommen an einer Stelle vorbei, wo der Weg so niedrig ist, dass man sich nur noch auf allen Vieren weiter bewegen kann, etwa so, als würde man unter einem Tisch hindurch kriechen. Ein anderer Weg endet direkt vor einer Höhle. Gerade als wir meinen, dass es hier wohl nicht weiter geht, entdecken wir im Halbdunkel der Höhle einige Eisenkrampen, die irgendwohin nach oben führen. Wer die Jugendbücher von Enid Blyton gelesen hat, kann sich vorstellen, was jetzt kommt: Mehr fühlend als sehend klettern wir die Krampen hoch. Oben erwartet uns der nächste Raum, der wieder nach vorne ins Helle führt. Eine Stange verhindert, dass die Leute dort heraus purzeln. So stehen wir in dem Loch in der senkrechten und völlig glatten Felswand, schauen hinaus wie Senioren vom Balkon des Altersheims und amüsieren uns, wie die nachfolgenden Leute sich wundern, wie wir da hingekommen sind.
     Da es noch recht früh ist, wählen wir auch für den Abstieg einen Umweg und gehen entlang dem Flößersteig wieder zur Straßenbahn zurück.
     Den Abend verbringen wir in einem Brauhaus in der Dresdner Neustadt.

Fortsetzung folgt