Wanderwoche im Rheinland (II)

Im letzten Heft berichteten wir von der Reise nach Köln, den Ausflügen ins Siebengebirge, nach Essen und Wuppertal. Hier nun der zweite Teil des Reiseberichts unserer Rheinland-Reise vom September 2000.

Am Mittwoch steht Bonn auf dem Programm. Über die sog. „Vorgebirgsbahn“ fahren wir mit der Straßenbahn direkt vom Kölner Hauptbahnhof bis zur Heussallee in Bonn durch. Bereits im Zwischengeschoß der unterirdischen Haltestelle fallen protzige Eisenbahnwaggons auf. Es handelt sich um den Regierungszug der Ära Adenauers. Vielleicht sollte man den mal dem „Kanzler aller Autos“ zeigen...


Das ist alles, was die „Abwicklungsstelle“ von der DDR übrig ließ
  
     Von Bonn sagt man ja: „Entweder es regnet oder die Schranken sind zu.“ Offensichtlich sind die Schranken nicht zu. So landen wir unweigerlich im Haus der Deutschen Geschichte. Beginnend mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist jedem Jahrzehnt eine eigene Etage gewidmet. Anhand der ausgestellten Gebrauchsgegenstände, Musik- und Fernsehausschnitte kommen Kindheitserinnerungen hoch: „Habt Ihr auch sowas gehabt? Kennst Du das noch?“ Auf parallel laufenden Gängen werden die Exponate aus der DDR ausgestellt. Die Ausstellung über die Jahre seit der deutschen Wiedervereinigung holt einen aber schnell wieder in die Gegenwart zurück.
     In der Bonner Innenstadt finden wir noch eine bayerische Wirtschaft. Schließlich kann man ja nicht immer Rheinischen Sauerbraten mit Rosinen essen.
     Am Nachmittag wollen wir noch das alte Regierungsviertel anschauen. Über verlassene Seitenstraßen entlang verlassener Häuser gelangen wir zum verlassenen Bundeshaus. Eine Hotelkette hat sich das ehemalige Parlamentsgebäude als Kongresszentrum unter den Nagel gerissen, Besucherführungen sind nicht mehr vorgesehen. Das legendäre „Wasserwerk“ ist in einen erneuten Dornröschenschlaf gefallen und fast völlig zugewuchert. Der nicht enden wollende Regen verleiht dem ganzen Ensemble einen noch trostloseren Ausdruck. So lassen wir den Spaziergang durch die Rheinauen ausfallen und schauen, dass wir die Gegend ebenfalls verlassen.
     Zusammen mit einigen Kölner Freunden verbringen wir den Abend in der Kölner „Szene“.

Donnerstags fährt die Brohltalbahn. Also nichts wie hin! Obwohl Werktag ist wird unsere eher mickrige Münchner Gruppe von den „Flügelrad“-Leuten massiv verstärkt.


Brohltalbahn in Engeln
  
     Leider ist der Fahrplan auf der Schmalspurbahn so gemacht, dass (außer für Früh-Aufsteher) keine längeren Wanderungen möglich sind. Auf der 17½ km langen Strecke wird ein Höhenunterschied von 400 m bewältigt. An der Endstation in Engeln hätten wir nur zwanzig Minuten Zeit bis zur Rückfahrt. Da es rund um den Bahnhof, der völlig auf freiem Feld liegt, absolut nichts Interessantes zu sehen gibt, hat man einen recht netten Steingarten angelegt, der die Besucher in die Geschichte der Vulkan-Landschaft einweihen soll.
     Ungerührt lassen wir den letzten Zug abfahren und machen uns auf den Weg zur Burgruine Olbrück. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass die ganze Gegend hier früher mal eine brodelnde Lava-Landschaft war, die sich erst vor erdgeschichtlich unbedeutenden 8000 Jahren beruhigt hat. Geologen betrachten die Eifel immer noch als aktives Vulkangebiet, und zumindest theoretisch könnte die ganze Gegend jederzeit in die Luft fliegen, was zumindest von der zerstörerischen Wirkung mit einem atomaren Großangriff auf den Westen der Republik vergleichbar wäre. Da traut man sich nicht mal mehr fest auf den Boden zu treten.

Wartet im Verlies noch ein Traumprinz?
  
     Als wir aus dem Wald kommen, sehen wir weit vor uns die Burgruine auf einem Vulkankegel stehen. Der Turm ist mit grünen Tüchern verhangen, die Ruine wird renoviert. Wir schauen uns trotzdem um, einer entdeckt einen Einstieg in unterirdische Gewölbe und verschwindet. Da aber dort unten kein Traumprinz auf die Rettung wartet, kehrt er nach einiger Zeit unverrichteter Dinge ans Tageslicht zurück.
     Wir müssen noch ein ziemliches Stück laufen, bis wir wieder die Zivilisation erreichen. In Oberzissen schließlich besteigen wir den Linienbus. Freilich hätte der in Brohl einen totalen Anti-Anschluss an die DB. Als das der Fahrer mitkriegt, drückt er auf die Tube. Der Bus wird zum Formel-1-Rennwagen, die kurvenreiche Straße zum Nürburgring. Über die beiden abseits liegenden Orte, die eigentlich noch bedient werden müssten, meint der Fahrer: „Da steht eh‘ keiner!“ Um keine Sekunde zu verlieren sammelt einer inzwischen das Fahrgeld ein und übergibt es dem Fahrer. Zum Ausstellen der Fahrausweise bleibt freilich keine Zeit mehr...
     Wie am Abend zuvor wird die „Szene“ erforscht. Wenn man schon mal da ist...
 
  
Die Hohenzollernbrücke aus ungewohnter Perspektive

Für den Freitag haben unsere Kölner Freunde eine Stadtführung vorbereitet. Das Wetter ist optimal und es geht erst durch die Altstadt, dann in den Dom, auf den Dom und über die Hohenzollernbrücke nach Deutz. Dort wandern wir rheinaufwärts bis zur Südbrücke. Die Überquerung der Brücke, auf der normalerweise nur Güterzüge verkehren, ist noch ganz nett, dann allerdings geht es kilometerlang an einer stark befahrenen Hauptstraße entlang. Doch irgendwann landen wir in einem urigen Brauhaus.

 
Hochwasser-Ausstellung in der Brücke
  
     Am Nachmittag besichtigen wir noch die Hochwasserausstellung in der Deutzer Brücke. Mit halben Telefonhäuschen, Autodächern und diversen Fassadenteilen hat man auf den glänzend gestrichenen Fußboden, der die Wasseroberfläche darstellen soll, die obere Hälfte der Stadt nachgebildet. Der Besucher läuft über die typischen Eisenstege. Diverse Hochwasserrequisiten wie Sandsäcke, Plastikboote und dergleichen sollen eine passende Stimmung verbreiten. Dass der ruhige Fußboden allerdings in Wirklichkeit eine reißende und brodelnde Dreckbrühe wäre, in der allerlei merkwürdige Gegenstände herumschwimmen, muss man sich schon selbst vorstellen.
     In den anschließenden Brückenbögen ist noch eine Kunstausstellung. Der Clou sind aber weniger die ausgestellten Bilder, sondern das Auf und Ab der Brückenbögen und die immer enger werdenden Durchschlüpfe. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, so eine Brücke von innen zu begehen?
     Nach einem letzten gemeinsamen Abendessen wird nochmal die „Szene“ heimgesucht.

Am Samstag treten wir die Rückfahrt an. Wir sind froh, dass einige „Flügelrädler“ fast täglich an unserem Programm teilgenommen haben. So ist letzten Endes auch diesmal trotz unserer ziemlich kleinen Gruppe eine fröhliche Runde entstanden. Wir kehren mit dem Gefühl zurück eine schöne Woche erlebt zu haben und nicht zum letzten Mal da gewesen zu sein.